Stegenwaldhaus

Stegenwaldhaus 1Der Name Stegenwaldhaus geht zurück auf das Jahr 1800: Markgraf Karl Alexander trat 1791 sein Land, und somit auch das Land um Leupoldsgrün, gegen eine Abfindung an Preußen ab. Die neue Regierung ernannte Alexander von Humboldt zum Oberbergmeister in Franken.

 

Um 1800 entstand mitten im Stegholz das Bergwerk „Hoff auf Gottes Segen”. In der Nähe des Bergwerkes ließ der Kammerherr von Reitzenstein ein Wohnhaus für seinen Waldaufseher bauen; dieses Wohnhaus, heute Forsthaus genannt, bekam die Bezeichnung Stegenwaldhaus.

 

Stegenwaldhaus 2Stegen heißt kleine Steige – die Herkunft des Begriffs gründet sich wahrscheinlich auf einen steilen Weg im unwegsamen Gelände. Als die Bahnlinie Hof – Marxgrün 1887 eröffnet wurde erhielt der Bahnhof den gleichen Namen.


Die Bergwerksstollen in denen Erz abgebaut wurde verliefen in Richtung Köditz. Vom Steinbruch auf der Sellangerer Höhe führte eine Drahtseilbahn zur Bahnstation Stegenwaldhaus war nie eine selbstständige Gemeinde – die Ortsteile gehörten nach Köditz, Leupoldsgrün und Dörnthal und hatten drei verschiedene Bürgermeister was in der Vergangenheit zu kuriosen Entscheidungen und Regelungen führte.

 

Stegenwaldhaus 3Die Flure Brunn, Sellanger und Rothenbürg gehörten in der Vergangenheit ebenfalls noch dazu. Zehn Schritte gehen und man war in einer anderen Gemeinde. Kirchlich gehörte das Dorf zu den Pfarrämtern Leupoldsgrün und Selbitz, konfirmiert wurde in Selbitz. Die Kinder gingen nach Rothenbürg und Dörnthal zur Schule; manche gingen nach Köditz, von dort kam auch die Post. Der Wagen der Müllabfuhr kam aus Lipperts, das heute zu Leupoldsgrün gehört.


Stegenwaldhaus 4Vor dem 2. Weltkrieg war Stegenwaldhaus ein Luftkurort. Die „Sommerfrischler“, so nannte man damals Erholungssuchende, kamen z.B. aus Berlin, Gera und Leipzig. Die ersten Gäste reisten aus der Landeshauptstadt an. Diese vornehmen und gut betuchten Gäste nahmen “Logis und Kost” im Gasthof Leupold.

 

Ein kleines Cafe im Ort, später umgebaut als Gasthaus, lud ebenfalls zur Einkehr. Mit Baubeginn der Autobahn im Jahre 1934 war die Beschaulichkeit vorbei. In Richtung Brunn entstand aus Holzbaracken ein Lager für die Arbeiter.

 

Viele Männer, die vorher arbeitslos gewesen waren, hatten wieder ihren Broterwerb. Bei den aus allen Teilen Deutschlands kommenden Männern gab es hin und wieder menschliche Konflikte. Vor allem Niederbayern und Sachsen bekämpften sich bis aufs Messer und nicht selten musste der Gendarm aus Selbitz einschreiten.

 

Stegenwaldhaus 5Ingenieure und andere Führungskräfte beim Autobahnbau logierten privat und so hatten Einheimische ein kleines Zusatzeinkommen. Das Wasser für die große Baustelle schafften Tankwagen aus dem mittlerweile stillgelegten Steinbruch heran, der auch als Naherholungsgebiet im Sommer zum Baden und im Winter zum Eislaufen genutzt wurde. Nach Fertigstellung der Reichsautobahn wurden in den Baracken des ehemaligen Arbeitslagers 15 bis 16 Jahre alte Jungen zu Offiziersanwärtern ausgebildet.

 

Das Waldschloss, ein privat betriebener Gastbetrieb, ging über an den Konsum und wurde später von der Gauleitung Bayreuth als Kinderheim geführt. Zur Erholung kamen hauptsächlich Kinder aus norddeutschen Großstädten, die unter Bombenangriffe zu leiden hatten.


Die vom Freistaat Bayern Ende der 60er Jahre eingeleitete Gemeindegebietsreform brachte zwar das “Aus” für die vielen kleinen eigenständigen Gemeinden – für Stegenwaldhaus war es ein Befreiungsschlag.

 

So hatte z. B. ein Umzug innerhalb des Ortes oft eine andere Gemeindezugehörigkeit zur Folge. Die Kommunen Leupoldsgrün und Köditz stritten mit der Stadt Selbitz, die erst mit der Eingemeindung von Dörnthal 1971 quasi “Hoheitsrecht“ über einen Teil von Stegenwaldhaus bekam, um den kleinen Ort.

 

Ist doch das Gewerbesteueraufkommen in dem Dorf durch Industriebetriebe — Lagerhaus und Hotel- und Gaststättengewerbe — sehr lukrativ. Nach der Planung der bayerischen Staatsregierung für die Neugliederung sollte Stegenwaldhaus der Gemeinde Leupoldgrün angegliedert werden und Leupoldsgrün eine Verwaltungsgemeinschaft mit Schauenstein bilden.

 

Jetzt fühlten sich die Stegenwaldhauser verschaukelt und machten ihren Unmut Luft – auch weil eine Unterschriftenaktion ein klares Votum für die Eingemeindung nach Selbitz brachte. Auch Bürgerversammlungen ließen keine Zweifel über die künftige Zugehörigkeit aufkommen. Die Gewerbetreibenden drohten mit einem Steuerstreik.

 

Bei einem der regelmäßig abgehaltenen Zusammenkünfte wurde sogar eine Blockierung der A9 in Erwägung gezogen wenn es nicht zu der demokratisch herbeigeführten Entscheidung kommen sollte. Drei couragierte einheimische “Delegierte“ fuhren zur Regierung von Oberfranken nach Bayreuth, um mit den Beamten dort zu reden.


Alle Mühe und Zeit war nicht umsonst. Seit dem 1. Juli 1976 ist Stegenwaldhaus eingemeindet in Selbitz und somit ein Ortsteil dieser kleinen Stadt mit Pfiff. Es gibt zwar ein oberes, ein mittleres und ein unteres Dorf, aber nur eine Bürgerschaft — die von Selbitz.

 

Der wohl populärste Stegenwaldhauser lebt weiter im bekannten Lied vom “Leipolds Nickl vo Steg’nwaldhaus”. Als wichtiges Verkehrsmittel hatte die Bahn damals einen hohen Stellenwert in der Region. Stegenwaldhaus war für die umliegenden Ortschaften ein wichtiger Bahnhof, besonders für Leupoldsgrün und Lipperts. Mit der Bahn kam man zur Arbeit, zu den Schulen und zum Einkaufen nach Hof, Köditz, Selbitz, Naila und Bad Steben.

 

Am Fahrkartenschalter konnten die Fahrkarten gelöst werden und an der Sperre, wenn der Zug kam, wurden sie kontrolliert und mit einer Lochzange entwertet.

 

Zwei Güterzüge befuhren damals die Bahnstrecke. Güter aller Art wurden transportiert, Getreidehändler nutzten die Bahn, um ihr Getreide an den Mann zu bringen und Düngemittel wurden für sie ausgeliefert, ebenso die Kohlen für die Kohlenhändler und Bäcker. Mit Fuhrwerken wurden sie abgeholt. Holz aus den umliegenden Wäldern wurde für den Weitertransport verladen.

 

Frachtgut konnte aufgegeben und abgeholt werden; eine Güterhalle stand zur Verfügung. Für die GEG Scheuertuchweberei Leupoldsgrün war Stegenwaldhaus ein wichtiger Bahnhof, um die Fertigware für den Transport aufzugeben und Rohware abzuholen. Ein Pferdefuhrwerk – der “Fabrikkutscher” – erledigte täglich den Transport zwischen der Fabrik und dem Bahnhof.

 

Durch den Autobahnbau mussten die Bahngleise tiefer gelegt werden. Früher waren sie mit dem Bahnhofsgebäude auf derselben Höhe und die Straße von Leupoldsgrün führte am Bahnhof vorbei, sie musste ebenfalls verlegt werden.

 

Heute gibt es den Bahnhof Stegenwaldhaus nicht mehr; er ist zu einem Haltepunkt für den Personenverkehr geworden. Der Güterverkehr auf der Strecke Hof — Bad Steben wurde eingestellt, die dafür notwendigen Gleise sind zum größten Teil ausgebaut worden. Für die Kurgäste und Urlauber stellt die Bahnstrecke auch heute noch eine optimale An- und Abreisemöglichkeit dar.

 

Ortsschild

 

Bahnhof

 

Wanderer